Konzept sozialpädagogische Familienbegleitung


Grundsätzliches
Auftrag

Die sozialpädagogische Familienarbeit mit Einbezug des Netzwerkes ist eine aufsuchende Interventionsform der Sozialen Arbeit. Die Familie wird zu Hause unterstützt beim Bewältigen von herausfordernden Situationen mit Kindern und Jugendlichen. Durch die Begleitung und Beratung der Familie im Lebensumfeld wird die Unterstützung unmittelbar, konkret und verstehbar geleistet, so dass die Familie massvolle, für sie angepasste Lösungen erarbeitet.
Auffälliges Verhalten, verbunden mit psychischen Störungen von Kindern können für Familien eine grosse Belastung sein. Die daraus resultierenden anspruchsvollen Erziehungssituationen, Schulschwierigkeiten und Beziehungsprobleme sind für die Betroffenen oft kaum tragbar. Die spezifischen Kompetenzen der Berater*innen von lehmannberatungen ist, den Umgang mit auffälligem Verhalten von Kindern mit psychischen Störungen in Familien zu begleiten und Lebenssituationen der Betroffenen zu verbessern. Dabei ist der Fokus aud dem Kindeswohl und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gerichtet.
Zuweisende Stellen sind Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB), Jugendanwaltschaften und Sozialdienste.

Ziele

Die Familien werden in ihrem gewohnten Umfeld bei der Lösung ihrer Schwierigkeiten unterstützt, damit sie den Alltag wieder selbständiger bewältigen können oder für sich eine andere Lösung finden, die ihren Anforderungen besser entspricht. Die Zusammenarbeit findet in Partizipation statt.
Die konkrete Zielformulierung orierntiert sich am Bedarf der Familie, an den Vorstellungen der zuweisenden Behörden und an den Möglichkeiten der involvierten Personen. Die gemeinsam erarbeiteten Ziele sollen realistisch sein, so dass sie für die betroffenen Personen erreichbar sind. Die Kinder und Jugendlichen haben ihren Platz in der Familie und können sich positiv entwickeln.

Indikation zur Familienbegleitung

Sozialpädagogische Familienbegleitung ist in folgenden Ausgangslagen angezeigt:

  • Bei Überforderung der Eltern oder des Elternteils rund um die Erziehung der Kinder
  • Bei Auffälligkeiten in der Entwicklung und/oder im Verhalten der Kinder
  • Bei fehlenden Strukturen, Vorgaben, Regeln und Ritualen im Alltag
  • Bei psychischen Auffälligkeiten eines Familienmitgliedes
  • Bei Sucht- und/oder Gewaltproblematik in der Familie
  • Bei akuten schwierigen Lebenssituationen der Familie wie Trennung, Scheidung, Krankheit,
  • Arbeitslosigkeit, finanziellen Problemen, Verlust eines Familienmitgliedes
  • Zur Unterstützung der Eltern bei Kommunikationsproblemen mit Schulen, Lehrbetrieben,
  • Behörden usw.
  • Als Kinderschutzmassnahme bei Gefährdung des Kindswohles
Leistungen
  • Gespräche im Lebensraum der Familie unter Beizug der für sie wichtigen Unterstützungspersonen zum Verständnis der Situation.
  • Vermittlung von Wissen zu entwicklungspsychologischen Fragen und Psychoedukation.
  • Unterstützung im Erarbeiten von Strategien zur altersentsprechenden Entwicklung der Kinder unter Einbezug von störungsspezifischem Wissen.
  • Vernetzung mit den zuständigen Behörden, in Absprache mit der Familie. Prozesshaftes Weiterentwickeln der formulierten Ziele mit den involvierten Netzwerkpartner*innen.
  • Lösungsorientiertes Arbeiten in der Familie, gestützt durch Gespräche mit den zuständigen therapeutischen Fachpersonen und dem betroffenen System (zum Beispiel bei Angsstörungen, Schulverweigerungen, Autismusspektrumsstörungen).
  • Erweiterung des vorhandenen Netzes zur Stärkung der familiären Ressourcen und zur verbesserten Integration in der Lebenswelt der Familie.
  • Förderung und Verbesserung der Kommunikation innerhalb und ausserhalb der Familie zur Bewältigung von Konflikten.
Zielgruppen

Familien in momentan schwierigen Situationen, die bereit sind, sich mit Unterstützung einer Fachperson auf einen Veränderungsprozess einzulassen.
Familien mit Kindern und Jugendlichen mit aufälligem Verhalten und/oder psychischen Störungen.
Für alle Beteiligten braucht es die Offenheit zur Veränderung und die Bereitschaft zur transparenten Zusammenarbeit.

Arbeitsweisen
Haltung

Der Schutz und das Wohl der Kinder und Jugendlichen hat in der Arbeit Priorität. Die Verbesserung der Situation der gesamten Familie ist im Vordergrund. Unsere Arbeit basiert auf systemischen Grundsätzen. Jeder Mensch ist eine einmalige und eigenständige Persönlichkeit und ist abhängig von einem komplexen System von Beziehungen und seinem sozialen Umfeld. Schwierigkeiten entstehen durch Störungen in diesen Beziehungen und der Kommunikation innerhalb des Systems.
Das Verhalten jedes Einzelnen erscheint diesem sinnvoll und lässt sich, je nach Zusammenhang und Perspektive, unterschiedlich betrachten und verstehen.
Der Fokus unser Arbeit ist entwicklungs- und lösungsorientiert. Die Familien sind die Experten ihres Systems. Die Aufgabe der Begleiter*in ist die Unterstützung der Familie im freilegen und (wieder-) entdecken ihrer Möglichkeiten, sowie im erweitern von Handlungsoptionen und Entwicklungsraum.

Die Arbeit der aufsuchenden Fachpersonen ist Ziel- und Aufgragsorientiert. Die Arbeit erfolgt in gemeinsamer Abstimmung zischen der Familie, der involvierten Fachpersonen und der Berater*in. Wir haben eine positive und kritische Grundhaltung uns gegenüber und reflektieren unser Tun regelmässig und intensiv. Wir sind in der Lage, Differenzen auszuhalten und uns mit ihnen zu bewegen. Grenzen können wir erkennen, benennen und einhalten. Uns ist klar, dass wir alleine wenig bewegen können. Insbesondere in komplexen und anforderungsreichen Problemstellungen ist die Zusammenarbeit professionsübergreifend und vernetzt unabdingbar. Um zu Lösungen zu kommen, müssen die Grundbedürfnisse des Lebens erfüllt sein. Entsprechend bedienen wir uns in unseren Interventionen in einem breiten Spektrum verschiedenster Techniken und Methoden unterschiedlicher Herkunft. Durch unsere Berufserfahrung, verschiedenen Ausbildungen, regelmässigen Weiterbildungen und dank der Integration der Erkenntnisse in unsere praktische Arbeit sind wir in der Lage, aus vielfältigen Möglichkeiten situationsangepasste Arbeitsweisen anzuwenden. Umgekehrt überprüfen wir unsere Praxiserfahrung über die Auseinandersetzung mit theoretischen Konstrukten ebenfalls seit Jahren mit fachlichem Austauch, in Intervisionen und Supervisionen. Wir lernen kontinuierlich weiter.

Theoretischer Bezug

Unseren theoretischen Hintergrund verdeutlichen wir unter Verständnis.

Methoden

Die Arbeitsmethoden richten sich nach der Problemstellung des Kindes und den Bedürfnissen der Familie. Sie findet aufsuchend im Lebensumfeld der Familie statt. Die Ausrichtung der Arbeit ist systemisch und lösungsorientiert mit dem Fokus, die Ressourcen der Familien zu aktivieren, psychoedukativ aufzuklären und eine gemeinsame Sprache / Arbeitshaltung zu erarbeiten.

Zentrale Methode ist die Beratung. Folgendes steht dabei im Vordergrund:

  • Ressourcen wahrnehmen und betonen
  • Das Kind und seine Familie ganzheitlich wahrnehmen, an der Lebenswelt der Familie orientiert.
  • Relevante Bezugspersonen aktivieren und einbeziehen
  • Verschiedene Angehörige mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Stärken einbeziehen – ihre Belastung und Ressourcen erkennen
  • Individuelle Vereinbarungen und Lösungen erarbeiten
  • Die Eltern und die Kinder/Jugendlichen in ihrer Rolle als Experten stärken
  • Die subjektive Wahrnehmung wird als Ressource mit einbezogen
  • Lösungsorientierung vor Symptomfixierung
  • Fehlerfreundlichkeit, Humor
  • Während Krisen steht Sicherheit und Halt geben im Vordergrund
Techniken

Problematische Interaktionsmuster können durch die Berater*in unmittelbar beobachtet werden. Im Gespräch mit der Familie werden diese Muster bearbeitet und im Alltag neu eingeübt und verändert. Situativ und in Absprache mit den Betroffenen finden sozialpädagogische Interventionen modelhaft statt.
Durch das Lernen am Modell können verschiedenste Alltagssituationen (Essen, Begleiten von Aufgabenhilfe, Strukturvorgaben, Abendrituale uvm.) konkret bearbeitet werden. Dadurch werden mit der Familie neue Lösungswege eingeübt.

Qualität

Die Familienbegleiter*innen von lehmannberatungen sind ausgebildete Fachpersonen der Sozialen Arbeit mit Zusatzausbildungen in Beratung, sowie im Kinder- und Jugendpsychiatrischen Bereich. Die sozialpädagogische Familienbegleitung ist eine ambulante Leistung, die lehmannberatung nach dem Gesetzt über die Leistung für Kinder mit besonderem Förder- und Schuztbedarf (KFSG) erbringt. Entsprechend halten sich die Berater*innen an die kantonalen Vorgaben und die mit dem Kantonalen Jugendamt (KJA) vereinbarten Leistungsziele.
Die Wirksamkeit und der Veränderungsprozess werden auf ihre Qualltät geprüft. Dies geschieht in folgenden Gefässen:

  • Gemeinsame Supervision 6 mal pro Jahr à 3 Stunden mit allen Berater*innen mit einer externen Supervisorin.
  • Teilnahme an einer Intervisiosgruppe 6 mal pro Jahr à 3 Stunden bei einem Arbeitspensum von über 60%.
  • Einzelfallsupervision 6 bis 8 mal pro Jahr.
  • Bei Bedarf Fallbesprechungen unter den Berater*innen jederzeit.
  • In allen Arbeiten gilt ein Vier-Augen Prinzip. Bei allen Klient*innen ist eine zuständige Berater*in definiert. Bei Bedarf wird eine Stellvertretung benannt, die in Ferien und bei Ausfällen der zuständigen Berater*in übernimmt.
  • Berichte werden von einer zweiten Fachperson gegengelesen.
  • Die Arbeit wird kontinuierlich dokumentiert und ist auf einer datengeschützten Plattform gesichert. Alle Berater*innen können in alle Falldokumentationen Einsicht nehmen und dokumentieren.
  • Alle 4 Jahre wird ein Auszug aus dem Strafregister (Privatauszug und Sonderprivatauszug) von den Berater*innen eingefordert.

Die anspruchsvolle Arbeit mit Familien in herausfordernden Lebenslagen verlangt von den aufsuchenden Mitarbeitenden grossen Respekt, Eigenverantwortung und Flexibilität. Wichtig ist der Umgang mit dem Spannungsfeld von Nähe und Distanz und das Bewusstsein über die eigene Belastbarkeit.
Die Berater*innen von lehmannberatungen bilden sich regelmässig weiter. Als Standard gelten 60 Stunden WB im Verlauf von drei Jahren.

Datenschutz

Wir unterstehen der Schweigepflicht. Informationen an Dritte geben wir nur mit dem Wissen und Einverständnis der direkt Betroffenen weiter, ausser im Fall einer Gefährdung des Kindeswohls. Sozialarbeiterische Akten gelten im Sinne des Datenschutzgesetzes als besonders schützenswerte Daten und sind streng vertraulich. Entsprechend führt lehmannberatungen die Akten ausschliesslich über die Software von socialweb.

Ablauf
Auftragsklärung

Vor dem Beginn einer Begleitung wird mit den Anfragenden geprüft, ob die Übernahme eine Mandates zweckdienlich ist. Dabei werden mit den Anfragenden die Ausgangssituation und die Zielvorstellung diskutiert. Erscheint eine Begeitung sinnvoll, wird ein Auftragsklärungsgespräch vereinbart.
Am Auftragsklärungsgespräch nehmen die Zuweisenden, das Kind/die Jugendliche, die Sorgeberechtige(n) und die Begleitperson teil. Nebst dem gegenseitigen Kennenlernen, dem Formulieren von Möglichkeiten und Grenzen des Angebotes, werden die aktuelle Situation der Familie, die grundsätzliche Zielvorstellung und die Rahmenbedingungen des Auftrages besprochen. Nach dem Auftragsklärungsgespräch wird ein schriftliches Protokoll verfasst, indem die besprochenen Ziele formuliert werden. Es wird Wert auf regelmässige und kontinuierliche Standortgespräche gelegt, damit die definierten Ziele überprüft werden können. In der Regel finden diese Gespräch alle drei Monate statt.

Einstieg

In der ersten Phase der Zusammenarbeit steht der Vertrauen- und Beziehungsaufbau im Vordergrund. Diese Phase dient der Beobachtung der Situation und der gemeinsamen spezifischeren Planung der Zielerreichung. Die Einstiegsphase dient auch der Kontaktaufnahme mit den Netzwerkpartner*innen (z.B. Schule, Behörden, wichtigen Unterstützungspersonen der Familie, u.a.), immer in Absprache und dem Einverständnis der Familie. Im Idealfall kann mit der bereits involvierten Therapeut*in die Begleitung abgesprochen und koordiniert werden. Dabei können gemeinsame und unterstützende Elemente gestärkt und behindernde Faktoren möglichst reduziert werden. Falls der Bedarf nach therapeutischer Unterstützung gewünscht und als sinnvoll erachtet wird, kann gemeinsam eine entsprechende Therapie gesucht werden.

Arbeitsphase

In dieser Phase wird gemeinsam mit den Beteiligten an den formulierten Zielen gearbeitet. Erreichte Ziele werden angepasst. Wichtige Ereignisse im Verlauf werden in Rücksprache mit der Familie der Zuweiser*in rückgemeldet.
Bei Bedarf wird mit der Familie an der Motivation zur Begleitung gearbeitet.
Vor einem Standortgespräch wird ein Bericht verfasst, der im Vorfeld des Standortes mit der Familie besprochen wird, damit die Familie transparent über die Arbeit der Begleiter*in informiert ist. Die Zufriedenheit über die Zusammenarbeit wird beim Standortgespräch mündlich erfragt.

Abschlussphase

Ein Abschlussgespräch erfolgt idealerweise dann, wenn der Auftrag erfüllt, die Familie gestärkt ist und das Familiensystem sich stabilisiert hat. In der Regel sind die Personen am Gespräch anwesend, welche auch beim Auftragsklärungsgespräch beteiligt waren. Ein Abschlussgespräch kann auch erfolgen, wenn sich der Auftrag ändert (zum Beispiel durch eine stationäre Platzierung) und eine andere Massnahem sinnvoller scheint oder die Familie die Zusammenarbeit nicht mehr bejahen kann.

Finanzierung
Kosten

Die Kosten richten sich nach den kantonalen Vorgaben.

  • Familienbegleitung Fr. 130.-.
  • Arbeit ohne direkten Familieneinbezug Fr. 130.-
  • Wegzeit Fr. 130.- pro Stunde.
    Standort Büro bis Standort Einsatzort nach google maps retour.

Im 1. Januar 2022 wurden die Kosten nach den kantonalen Vorgaben für alle Leistungen auf Fr. 125.- festgesetzt. Ab 1.1.2023 wird der Tarif auf Fr. 127.- angepasst. Ab 1.1.2024 erfolgt Teuerungsbedingt die Anpassung auf Fr. 130.-. Gemäss Art. 23 KFSV können die ambulanten Tarife jährlich nach Massgabe des für das Kantonspersonal beschlossenen Teuerungsausgleichs angepasst werden.

Kostenübernahme

Eine Kostengutsprache muss vorliegen. Diese wird in der Regel durch die zuständige Gemeinde, die KESB oder die Jugendanwaltschaft gewährleistet.
Selbstzahlende unterschreiben im Vorfeld eine schriftliche Vereinbarung, in der die Zusammenarbeit geregelt ist.

Verhinderung/Abwesenheit

Bei Verhinderung ist die Familie verpflichtet sich möglichst früh zu melden, mindestens jedoch 24 Stunden vor dem Termin. Andernfalls wird der Termin verrechnet.